Samstag, 26. August 2017

Wandern übers Wasser

Käringsjön
Zum Ende unseres Urlaubs hatten wir noch eine Kanutour im Gränslandet geplant. Schon die Anfahrt war spannend. Ab Tännäs geht über eine Schotterstraße nach Köringsjövallen und dann folgt eine Privatstraße bis Käringsjön. Ab Tännäs brauchten wir für die paar km fast eine Stunde. Wenn man sich das Gebiet auf der Karte anschaut ist es fast ein Wunder, dass es überhaupt eine Straße dahinter gibt. Wir waren früh da und genossen die Sonne und wärmten uns etwas auf, trockneten alle Sachen und packten alles für die nächsten Tage. Unser Busnachbar kam gerade von einem Kanutrip zurück und versorgte uns noch mit Informationen aus erster Hand, die doch ganz hilfreich waren, schließlich findet man sonst relativ wenige Infos über die Kanutouren in der Gegend. Am nächsten Morgen bekamen wir, vollkommen gemütlich, gegen 10 Uhr unser Boot von Per, der uns auch noch mal die möglichen Umtragen zeigte. Sowieso war das Motto dieser Tour "Ta det lungt" - der Schwabe würde es frei übersetzen mit "No ned hudle". Wir stachen an einem Traumtag - keine Wolke, kein Wind vollkommen alleine auf See. Das schöne an diesem Gebiet ist, dass es viele kleine Seen gibt, die man mit kurzen Portagen wechseln kann. Lustig, die einzelnen Portagen aus der Bootperspektive zu suchen, das Ufer sieht doch überall nahezu gleich aus. Gegen Mittag erreichten wir einen Windschutz (eine kleine offene Hütte) an dem rasteten und uns den ersten Nachtisch mit Blaubeeren gönnten. Nach der Mittagspause setzten wir unsere Tour Richtung Nordwesten fort. Wir peilten den Windschutz am Rogen als Übernachtungspunkt an, da es dort auch erlaubt ist, ein Feuer zu machen. Mit zwei weiteren Umtragen und etwas längeren Wasserpassagen erreichten wir das Ufer des Öster-Rödsjön, wo wir erst mal unser Gepäck und das Boot liegen ließen und uns zu Fuß durch das Dickicht zum Rogen schlugen. Einen offenen Blick auf den großen See gibt es von hier nicht. Der Windschutz war voller Mücken und nicht sonderlich schön, so suchten wir in der Nähe unseres Gepäcks einen Zeltplatz. Wir wurden schnell fündig, allerdings hätte das Zelt keinen Zentimeter größer sein dürfen, ansonsten wären Wurzeln und Steine unter der Isomatte gewesen. Dafür hatten wir ein windstillen Plätzen mit Abendsonne und unsere herrliche Ruhe.
Blick über den Rogen
Am Morgen wurde ich von Rentieren geweckt, ein interessantes Geräusch wenn diese am Zelt vorbei laufen. Leider war der Himmel bedeckt und der Wind frischte auf. Nach einem gemütlichen Frühstück wanderten wir erst mal Richtung Bustvålen und stiegen bis ca 900hm querfeldein auf. Von dort hatten wir einen tollen Blick über den großen See Rogen, die kleinen Seen blitzten ein wenig durch den Wald durch. Eine tolle menschenleere Gegend. Zurück am Kanu paddelten wir noch eine Schleife durch den Öster-Rodsjön, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Der Unterschied von Wind zu keinem Wind wird auf dem Wasser sehr schnell deutlich. Teilweise kamen wir nur sehr langsam voran und suchten uns möglichst Fahrrinnen im Windschatten. Den heutigen Zeltplatz fanden wir in der Nähe des Windschutzes im Windschatten des Hügels. Ein paar Tropfen schreckten uns beim Kochen auf, doch blieb es zum Glück bei diesen und so konnten wir in Ruhe das Essen im Freien Genießen. Erst als wir in den Schlafsäcken lagen fing es an zu regnen.
Am nächsten Morgen regnete es immer noch. Die Motivation aufzustehen, wenn es auf die Zeltwand prasselt ist eher gering. So starteten wir erst spät in den Tag, aber immerhin hatte der Regen nachgelassen. Wir setzten in den Krattelsjön über und wurden dann noch mal von einem Schauer ziemlich nass. Bei der letzten Umtrage Richtung Käringsjön, die mit Abstand die längste der ganzen Tour war, wurden wir allerdings auch von unten richtig nass, da der Boden hier ziemlich moorig ist. Auf dem Käringsjön genossen wir die letzten Kanumeter wieder im Sonnenschein.
Eine einsame Tour in einem tollen Gebiet, dass sich zum Wasserwandern anbietet und einem viele Möglichkeiten lässt. Und wie immer in Skandinavien muss man auf wechselhaftes Wetter gefasst sein, vor allem der Wind kann hier sehr unangenehm werden.

Dienstag, 22. August 2017

Im Reich der Riesen

Nach ein paar Tageswanderungen (Trolltunga - wer die skandinavische Einsamkeit liebt, sucht sich eine andere Tour, für Fotos gibt es eine Schlange; Romsdalseggen - auch hier ist mehr los als üblich, aber die Aussicht grandios) wollten wir in Jotunheimen, im Reich der Riesen, eine kurze Trekkingtour machen. Wettertechnisch war für den ersten Tag Regen vorhergesagt, aber was soll's - man nimmt's wie es kommt.
Boulderhopping ...
1. Tag: Wir parkten in Bessheim und zogen uns direkt die Ponchos über, denn es regnete und mit den großen Rucksäcken sahen wir ziemlich lustig aus. Von Bessheim muss man erst mal ca 400hm ins Kahlfjell aufsteigen. Zumindest die Sicht war nicht allzu schlecht, so dass wir trotz des Regens ein wenig von der Landschaft sahen. Oben angekommen weitete sich das Land und es wurde etwas windiger, was in Kombination mit dem Regen unangenehm war. Bald kam der Russvatnet ins Blickfeld und das Wetter besserte sich kurzfristig. Nachdem man die Russa am Seeaufsluss überquert hat, folgt der Weg mehr oder weniger dem Ufer des Russvatnets. Hier liefen wir sogar mal kurz ohne Poncho, bevor der nächste Regenschauer einsetzte. Nach ca 4 km am See schlängelt sich der Weg höher um weiter oben einen Bach zu überqueren. Bei der folgenden Wegkreuzung nahmen wir den Weg über den Tjønnholet. Dieser Weg ist laut Beschreibung und Ausschilderung nicht markiert, doch findet man in regelmäßigen Abständen Steinmänner, sofern man diese von den übrigen Steinen unterscheiden kann. Wir stiegen weiter an bis auf ca 1500m, hier mussten wir noch mal einen Fluss überqueren (diesmal ohne Brücke, aber er war flach und ließ sich mit Steinehüpfen ganz gut überwinden). Nun lag eine riesige Steinwüste vor uns. Boulderhopping für die nächsten 6 km. Teilweise sehr einfach zu gehen, teilweise anstrengend und unangenehm. Das letzte Stück vor dem Pass steilt noch mal deutlich auf - hier sind beim besten Willen keine Wegspuren zu erkennen, aber im Aufstieg kein Problem zur Überwindung. Auf der anderen Seite des Passes ist man wieder in einer Fjellsteinebene. Der Weg bis ins Veo-Tal zieht sich dann doch noch. Mittlerweile hatte es zum Glück aufgehört zu regnen und hier fanden wir einen schönen Zeltplatz und die wohlverdiente Pause.
2. Tag: Wir ließen es langsam angehen, war gestern doch etwas später geworden. Das Wetter war ganz passabel, allerdings nicht so strahlend wir angekündigt. Wir diskutierten eine Weile ob wir den Glittertind versuchen sollten, oder direkt weiter Richtung Süden sollten. Schließlich entschieden wir uns für den direkten Weg. Martin war von der vorbeiziehenden Rentierherde so fasziniert, dass wir den Zeltabbau noch etwas nach hinten schoben. Als wir dann endlich losgelaufen waren, schien sogar kurzfristig mal die Sonne und das Gletscherpanorama war sehr beeindruckend, doch je höher wir kamen, desto kühler und windiger wurde es auch wieder.  Den Glittertind bekamen wir nicht zu sehen, also die richtige Entscheidung nicht hinaufzusteigen. Nach dem Pass am Blåtjønholet mussten wir sogar noch ein Schneefeld überqueren und der Russvatnet kam wieder in unseren Blick. Dieser Wegabschnitt war sehr schön zu gehen und Sonne wärmte uns. Die Brücke über den Blåtonjoåe ist mittlerweile tiefer als auf der Karte eingezeichnet. Nach der Brücke gab es keinen richtigen Weg, sondern es war mehr ein Querfeldeingehen, bis wir wieder auf dem ursprünglichen Weg kamen. Dies war sehr mühsam, aber da wir es heute gemütlich unterwegs waren, machten wir in Sundodden im Windschatten eines großen Steins Kaffeepause - mit Kanelgifflar :-) Schließlich trieb uns der einsetztende Regen zum Aufbruch. Zum Glück war es nur ein kurzer Schauer. Am Ende des Russvatnet fing es plötzlich heftig an zu regnen und da uns direkt ein herrlicher Zeltplatz ins Auge stach, hatten wir im Nu das Zelt aufgestellt und waren im Trockenen.
Gletscherlandschaft am 2. Tag
am Grat
3. Tag: Irgendwann bin ich vom Regen auf dem Zelt aufgewacht. Oh nein, nicht schon wieder, wir wollten doch heute über den Besseggen... eine kurze Regenpause. Dann noch eine, jetzt spick ich doch mal raus - es scheint die Sonne! Jetzt aber flott. Im Nu haben wir gefrühstückt und unseren Rucksack zusammengepackt. Oberhalb des Russvatnet gibt es einige moorige Stellen, aber eine herrliche Landschaft mit dem See und den Bächen. Als wir dann auf den Weg von Memurubu stoßen, trifft uns fast der Schlag - Menschen, überall Menschen. Bislang haben wir so pro Tag eine gute Handvoll andere Wanderer getroffen. Da kommt uns das natürlich plötzlich doppelt viel vor. Der Besseggen (die Tour von Memurubu bis Gjendesheim) ist bei Norwegen sehr beliebt. Die Wanderer an den Vortagen waren selten Norweger, dafür gibt es hier am Besseggen jede Menge davon. Der Weg führt an dem ersten See vorbei, der in den Gjendesee entwässert. Ist schon sehr schön anzuschauen und dann soll ja noch der "richtige" kommen. Wir laufen immer mit dem Gjendesee an der rechten Seite weiter und kommen schließlich zum Bessvatnet. Hier beginnt der eigentliche Besseggen. Von weiter weg ist der Weg auf dem Grat eindeutig zu erkennen. Direkt vor einem sieht man nur Steine, ein schöner Felsgrat, der einfach zu gehen ist und schließlich ins Veslfjellet ausläuft. Hier biegen wir von der Hauptroute Richtung Bessheim ab und sind wieder vollkommen allein - allein ein Wiesel sagt uns noch guten Tag, bevor wir uns durch die Steinwüste nach unten kämpfen. Nach dem Ausfluss der Russa biegen wir vom Hauptweg (nach Glitterheim) ab und steigen nach Bessheim ab - hier wird es windgeschützter und plötzlich sind die Temperaturen richtig angenehm.
Am Auto angekommen freuen wir uns, ein paar Schritte barfuß zu laufen und auf die Dusche auf dem Campingplatz.
Eine schöne Rundtour für Jotunheim-Einsteiger und das Wetter muss man eh nehmen wie es kommt - meist ist es zum Glück nicht so schlimm und nur für ein paar Stücke braucht man tatsächlich gutes Wetter.

Montag, 13. Februar 2017

Wo hat es denn Schnee?

am Gipfel
Die Randbedingungen waren klar: Eine Tour mit Schnee, nicht zu weit weg und nicht zu lang, damit das alles an einem Tag machbar ist. Im Hinterkopf war schon länger der Wunsch, mal die Säntisabfahrt zu machen. Die Webcams im Toggenburgerland zeigten auch im Tal Schnee und der LLB eine 2, damit sollte es also prinzipiell machbar sein. Also probieren wir es, die Alternativen waren auch nicht besser.
Als wir im Unterwasser ankamen, waren wir doch entsetzt, wie wenig Schnee auf den Südhängen liegt. Nun gut, das bedeutet wohl, die Ski zum Schluss tragen.
Dank des guten Postbusnetzes waren wir schnell an der Schwägalp und schon auf dem Säntis. Zuerst genossen wir die Aussicht - in das Nebelmeer bzw das grüne Land im nördlicheren Teil und zu den Churfirsten, die im Weiß glänzten.
Zachi und Martin am Einstieg
Als wir uns an die Abfahrt machten, waren alle, die mit uns mit der Gondel hinaufgefahren waren bereits abgefahren und damit hatten wir die Abfahrt komplett für uns. Durch den Tunnel gelangt man zum Berggasthaus Alter Säntis. Am Tunnelausgang schnallen wir unsere Ski an und starten in den bereits total zerfahrenen, von der Sonne angewärmten steilen Starthang. Danach wird das Gelände schnell flacher und der Schnee ist vom Wind stark bearbeitet: Eisige Stellen wechseln sich mit harten und weichen Triebschneeansammlungen ab. An der Meglisalp (1530m) machen wir Mittag und fellen wieder an. Eine Spur Richtung Rotsteinpass gibt es keine mehr, diese ist vom Wind stark verblasen. Außerdem ist es durch den Wind im Schatten doch deutlich kühler als erwartet. Dafür werden wir am Rotsteinpass (2119m) von der Sonne emfpangen.
Von hier aus hat man noch mal einen schönen Blick zurück auf den Säntisgipfel. Jetzt folgt der deutlich schönere Teil der Abfahrt: Im oberen Teil warten weite Hänge, leider hauptsächlich mit Plattenpulver, doch dann ganz plötzlich ist der Schnee aufgefirnt und wir gleiten weiter ins Tal. Ein paar alte Lawinenbrocken liegen im Weg, ein kurzes Stück folgen wir dem Fahrweg, bis wir an der Thurwis sind. Ab sofort heißt es, Schnee auf dem Fahrweg suchen und mal kurz die Seite springend zu wechseln. Ab Laui ist der Fahrweg leider komplett schneefrei, aber neben dem Weg lässt es sich mit viel schieben noch etwas auslaufen. Mit ein paar mal Ski abschnallen (jedesmal, wenn wir einen der Fahrwege kreuzen) kämpfen wir uns über die Wiesen nach unten - erstaunlicherweise finden wir tatsächlich immer noch genügend Schneeflecken um die Ski endgültig erst in Unterwasser abzuschnallen. Wer hätte das am Morgen gedacht?
Fazit:
  • Südseitig braucht es neuen Schnee, sonst geht da unter 1200m nichts mehr.
  • Schöne, abwechslungsreiche Tour, die auf der Fahrt im Herbstnebel begann, über den Winter in den Frühling führte
  • es macht durchaus Sinn, dass die Säntisbahn Skifahrer nur bis LLB2 mitnimmt, das Gelände ist doch spannend
    der Blick zurück

Mittwoch, 28. September 2016

Eeeeendlich!

Auch wenn Anja es noch viel mehr verdient hätte, hat zumindest die Hälfte von uns - nämlich ich - endlich den Galenstock bestiegen. Eine lange Geschichte - hier findet ihr den Anfang der Geschichte, eine weitere Episode findet sich hier und ganz abgesehen von den nicht dokumentierten Versuchen schien ein Fluch auf diesem Berg zu liegen. Zum Glück wurde die Wettervorhersage fürs Wochenende von Tag zu Tag besser und so starteten Moritz, Sandra, Martin und ich optimistisch am Samstag Richtung Furkapass. Der Hüttenaufstieg auf die Sidelenhütte (2708m) ist kurz und so hatten wir nachmittags noch Zeit den besten Weg auf den Gletscher zu finden, damit wir im Dunkeln nicht zu viel Zeit verlieren.
Erste III-Kletterstelle
Die Sidelenhütte ist eine kleine, private Hütte mit sehr familiärer Atmosphäre. Nach dem Abendessen waren wir vier auch direkt im Bett, wir waren einfach müde und doch quatschten wir im Lager noch ziemlich lange.
am Gipfel
Nach dem Frühstück um 6 Uhr starteten wir alleine, eine Zweierseilschaft war etwas hinter uns unterwegs. Dank der Erkundungstour am Vortag fanden wir den Weg ziemlich gut. Das Firnfeld, dass uns zum Einstieg des Süd-Ost-Sporns führen sollte, war ziemlich ausgeapert, wir stiegen also über eine Schmoddermasse, die zum Glück gefroren war, auf und am Punkt 3252 trafen uns die ersten Sonnenstrahlen. Hier beginnt der eigentliche Sporn, wobei zu Beginn noch Gehgelände zu überwinden ist. Erst bei der ersten richtigen Kletterstelle packten wir das Seil aus und kletterten in zwei Seilschaften über jetzt festen und schön geschichteten Fels nach oben. Diesmal hatten wir mit ca. 20m die ideale Seillänge gefunden und kamen schnell vorwärts. Oberhalb des Sporns folgt man dem Normalweg auf den Gipfel, wobei die Gipfelflanke noch mal etwas steiler ist. Diese war teils blank und so kamen sogar mal unsere Eisschrauben zum Einsatz, bevor wir gegen 11.30 alleine am Gipfel bei bester Gipfelsicht standen. Dank der Abseilstelle westlich des Sporns, sowie des weichen Schnees unterhalb, der sich ideal zum Abfahren eigenete, waren wir relativ schnell und ohne schmerzende Knie wieder an der Hütte.
Fazit: Eine schöne, abwechslungsreiche nicht zu lange Hochtour mit einem tollen Aussichtsgipfel


Montag, 19. September 2016

Auf Messers Schneide

Und weil es so gut läuft und das erste richtige stabile Hoch des Sommers einfach nicht klein zu kriegen ist, müssen Martin und ich im Engadin natürlich auch noch mal die schweren Stiefel auspacken.... Nach dem gemütlichen Abendessen bei Zachi verbringen wir den nächsten Vormittag mit Rucksack packen, letzte Sachen recherchieren, Vorräte auffüllen und einfach kurz in der Sonne ausspannen. Mittags machen wir uns dann auf den Weg nach Pontresina, von wo aus wir zuerst durch lichten Kiefernwald ins Val Roseg wandern. Es ist unglaublich heiß, trotz der Höhe (Pontresina liegt auf 1800m) und so sind wir über jeden Schatten froh. Beeindruckend wie sich das Tal weitet und den Blick auf die Gletscher frei gibt. Wir steigen weiter zur Tschiervahütte. Einige entgegenkommende Wanderer schauen uns ungläubig an, wünschen uns viel Glück oder fragen uns, ob wir uns wirklich sicher sind. Das erhöht natürlich die innere Anspannung vor so einer Tour... Gegen vier Uhr sind wir auf der Hütte und trotz des herrlichen Wetters suchen wir einen Schattenplatz in der Hütte und leeren eine 1,5-Liter-Flasche nach der anderen (beim Bezahlen fragt die Hüttenwartin, ob unsere Strichliste auch wirklich stimmt *g*). Die Sonne hat uns regelrecht ausgetrocknet... Die Tschiervahütte hat einen modernen Anbau in Holz-/Betonoptik bekommen, wie ich finde, ist diese Renovation ausgesprochen gut gelungen. Der Abend vergeht schnell und die Anspannung vor dem nächsten Tag wird nicht weniger. Letzte Tipps zur Wegführung zur Fuorcla Prievlusa erhalten wir von unserem Tischnachbarn, der den Biancograt bereits dreimal gemacht hat. So fühlen wir uns doch ganz gut vorbereitet und verschwinden früh in die Federn. Vom Bett aus sehen wir die Berge im letzten Abendlicht versinken.
Da geht's hinauf: Biancograt
Der Wecker klingelt um 2.45. Im Lager ist es ziemlich ruhig. Selbst beim Frühstück kommt überhaupt keine Unruhe auf, die Hütte ist zwar nicht voll, aber so entspannt habe ich selten eine Hütte vor einer solchen Tour erlebt. So kommt es dann auch, dass wir als erste Richtung Furocla Prievlusa starten, alle anderen peilen den Piz Roseg an. Zu Beginn finden wir den Weg sehr gut, zweimal verlieren wir ihn aber und müssen jeweils ein paar Meter zurück. Dabei holen uns zwei nachfolgende Seilschaften ein. Die erste heiklere Stelle ist das Überwinden des Bergschrunds, ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Zur Fuorcla gehen wir über die Firnflanke, diese ist gut eingeschneit und weißt schönen Trittfirn auf. In der Fuorcla treffen wir auf die Sonne. Nach einer kurzen Pause machen wir uns an die Kletterei. Zu Beginn haben wir einen Bergführer mit seinen Kunden vor uns, der uns den Weg weißt, doch dadurch, dass wir über Fixpunkte sichern, brauchen wir länger. Die Kletterei zieht sich ziemlich bis wir endlich auf dem eigentlich Biancograt ankommen. Die zweite heikle Stelle ist die Umgehung des letzten Köpfles im Firn, hier ist es ziemlich aper und der Abgrund tief. Danach ist der Grat wunderbar gespurt und es heißt für die nächsten 400hm einfach nur sauber einen Schritt nach dem anderen setzen. Das Panorama ist wunderbar, doch habe ich diesmal keinen Blick dafür, ich konzentriere mich voll und ganz auf den Grat. Endlich sind wir am Piz Bianco, doch der Weiterweg sieht ganz schön heiß aus. Aber wie so oft, entpuppt es sich dann als leichter, doch die Kletterei zieht sich noch mal etwas weiter als gedacht.... Als wir endlich auf dem Gipfel der Bernina sind, fällt mir ein großer Stein vom Herzen. Aber die Tour ist hier keinesfalls zu Ende. Der Abstieg über dem Spallagrat hat es auch noch mal in sich: noch mal ein ausgesetzer Grat bevor wir Richtung Rifugio Marco e Rosa abseilen. Hier  erholen wir uns mit Radler und einem tollen Essen inkl Pasta aus Plastiktellern - eine echte italienische Hütte also.
Spallagrat
Am nächsten Morgen starten wir wieder früh (um 6:00), denn der Weg bis ins Tal ist noch weit. Wir queren die Hänge unter den Bellavistagipfeln, um die Uhrzeit ist alles fest und hart, zum Fortezzagrat. Diesen seilen wir teilweise ab und teilweise klettern wir ab, bevor wir den Rest über Firn Richtung Vadret de la Fortezza absteigen. Bis wir an der Isla Persa ankommen ist fast Mittag. Jetzt heißt es den Pfadfindersinn auszupacken, erstaunlich gut finden wir mittels alter Trittspuren und viel Fantasie von Steinmännchen den Wanderweg der von der Diavolezza zur Bovalhütte führt. Unsere Beschreibung war schon etwas älter und führt ebenfalls über die Bovalhütte, doch erscheint uns das bei dem aktuellen Gletscherstand nicht als der schnellste Weg. Auf der alten Seitenmoräne vom Vadret Pers steigen wir Richtung Morteratschgletscher ab - ein kleiner Pfad und nicht zu alte Trittspuren lassen uns vermuten, dass wir hier irgendwie durchkommen müssten. Und tatsächlich scheint hier ein Weg auf den Morteratschgletscher zu führen. Dieser lässt sich sehr gut ohne Steigeisen begehen und so hoffen wir an der Zunge irgendwie wieder auf Land zu kommen und laufen nach vorne. Und auch hier haben wir wieder Glück, auf der rechten Seite kommen wir auf gewachsenen Fels und nun heißt es nur noch zum Touriweg abzusteigen. Bald haben uns die Massen wieder und wir wandern auf dem breiten Weg raus Richtung Morteratsch. Dabei wird einem noch mal vor Augen geführt, wie schnell sich der Gletscher zurückgezogen hat, dafür haben nun Pflanzen und kleine Bäume das ehemalige Gletscherbett erobert.
In der Bellavistaquerung
In Morteratsch gibt es erst mal was zu trinken: Unsere Camelbags waren schon lange leer... Geschafft suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und warten auf den nächsten Zug.
Die schweren Hochtourenstiefel werden gegen leichte Wanderschuhe getauscht und der letzte Urlaubstag mit Zachi und Family im stabilen Hoch genossen.

Dienstag, 6. September 2016

Wenn wir schon mal da sind....

Oberhalb Bärenloch
Die Campingplatzsuche im Vinschgau gestaltet sich gar nicht so einfach, schließlich werden wir in Prad fündig. Samstag vormittag verbringen wir mit Waschen, in der Sonne rumsitzen und Besorgungen im Städtle machen. Nachmittags kommt dann die angekündigte Kaltfront und es schüttet aus allen Kübeln, der Himmel verheißt nichts gutes. Wir machen es uns gemütlich und planen die nächsten Touren - schließlich, wenn wir schon mal in der Ecke sind, wollen wir auf den Ortler. Sonntag ist zwar noch alles Wolken verhangen, aber wir können immerhin wieder draußen frühstücken - der Wetterbericht stimmt ziemlich genau. Gegen Mittag sind wir dann in Sulden und starten im Nebel auf die Payerhütte. Wir haben uns nach längerer Diskussion für den Normalweg entschieden - er scheint uns einfach passender. Die Felswände im Zustieg zur Tabarettahütte bekommen wir kaum zu Gesicht, es wabern viele Wolken, was das ganze noch mystischer macht. An der Tabarettahütte machen wir eine kurze Pause mit Suppe - es ist doch ziemlich frisch und feucht. Im weiteren Aufstieg kommen uns ein paar Gipfelgänger entgegen, damit haben wir für morgen auf alle Fälle eine Spur im Schnee. Gegen halb vier sind wir oben und die Hütte will ihren Charme nicht so recht versprühen. Es ist kalt und so kuschel ich mich ins Bettchen (im Lager stehen unglaublich viele Betten rum, auf den unteren kann man sich nicht mal aufrecht hinsetzen, so niedrig sind diese). Das Lager wird mit der Zeit zwar voller, aber von voll kann zum Glück keine Rede sein. Als ich zum Abendessen wieder aufstehe, scheint auch schon die Sonne, nur im Tal hängen noch die Restwolken, das verspricht für morgen das angekündigte beste Wetter.
Das Frühstück verläuft etwas unorthodox: Anscheinend hat jeder eine andere Uhrzeit genannt bekommen, denn als wir um 5 Uhr kommen sind die ersten schon weg. Auf der anderen Seite gar nicht so blöd, weil sich dann der Tatzelwurm etwas auseinanderzieht. Im Schein der Stirnlampen finden wir den Weg erstaunlich gut zum Wandl, über dieses mit Eisenketten nach oben zur Schlüsselstelle (für die wir das Seil auspacken). Nach der Schlüsselstelle folgt die Querung zum Bärenloch, wo wir dann Steigeisen anziehen und auf Gletscher umrüsten. Im Bärenloch selbst haben wir eine kurze Stelle Blankeis, allerdings sind Stufen geschlagen, so dass dies im Aufstieg kein Problem darstellt. Danach folgt noch mal eine steile Firnstufe bevor es über das Ortlerplatt Richtung Gipfel geht. Hier kommt uns bereits die erste Seilschaft entgegen. Nach 3 Stunden sind wir am völlig überfüllten Gipfel (vom Hintergrat kommen noch einige Seilschaften hoch und von der Payerhütte werden auch ca. 40 Leute gestartet sein).
Blick zurück
Nach einer kurzen Pause steigen wir schnell ab - es scheint zwar die Sonne und es ist richtig klar, doch ein frischer Wind weht durch alle Ritzen. Erst unterhalb der steilen Firnstufe erwärme ich mich wieder, aber nun haben wir alle Seilschaften hinter uns gelassen und so können wir uns in Ruhe an die heikleren Stellen machen. Das Bärenloch abklettern ist sicher die interessanteste, aber auch das meistern wir gut und dann heißt es nur noch dem speckigen Fels folgen. Wie meist zieht sich der Weg bis zur Hütte noch ordentlich (morgens im Dunkeln nimmt man das nicht als so lange war).
Nach einer kurzen Rast an der Hütte steigen wir ins Tal ab. Viele neue Gipfelaspiranten kommen uns entgegen. Wir scheinen uns den perfekten Tag ausgesucht zu haben: wenig Leute & bestes Wetter.
Abends erwartet uns Zachi im Engadin und so machen wir uns auf den Weg über das Val Mustair und den Ofenpass nach Samedan.

Montag, 5. September 2016

Nächste Etappe: Hochtouren

Gipfelflanke Weißkugel
Nach einer Nacht auf dem Campingplatz in Imst waren wir wieder bereit für weitere Touren. Ein paar Hochtouren sind hier noch um die Ecke, die ich noch nicht gemacht habe: Weißkugel und Fineilspitze. Da Martin zu faul ist, von Vent zur Schönen Aussicht zu laufen und von Imst es fast egal ist, wo man hinfährt, entscheiden wir uns vom Schnalstal aus zu starten. Auf dem Weg dorthin erledigen wir noch die letzten Besorgungen und steigen dann nachmittags von Kurzras auf. Es nieselt immer wieder und ziemlich feucht kommen wir oben auf der Hütte an. Dort werden wir von einem warmen Trockenraum empfangen und auch Jasmin tut alles, dass wir uns gleich wohlfühlen. Die Schöne Aussicht ist einfach keine normale Hütte (Sauna, Saunatuch, 4-Gänge-Menue, Schuhtrockner und sowieso ein total uriges Haus). Am nächsten Tag wollen wir auf die Weißkugel - wir sind die einzigen, die meisten Gäste sind Wanderer oder Genießer.
Gipfelgrat Weißkugel
Nach dem Thermofrühstück um 5 Uhr ist es immer noch ziemlich bedeckt. Den Weg bis zur Teufelseggbahn finden wir sehr gut, auch danach ist er gut markiert, verläuft allerdings anders als auf der Karte eingezeichnet. 2,5h brauchen wir bis zum Gletscher. Ein bisschen haben sich die Wolken gelüftet, so dass wir zumindest das Hintereisjoch erkennen. Anhand einer alten Spur finden wir dort auch sehr gut hin und kurz zeigt sich sogar die Sonne. Die Randkluft lässt sich steil aber wunderbar eingeschneit überwinden. Das Spuren hinterlässt doch mehr als ein paar Spuren bei mir und so löst Martin mich mit der Spurerei an der steilen Gipfelflanke ab. Am Grat haben uns die Wolken wieder, doch finden wir gut zum Felsaufschwung. Die Felsen sind eingeschneit und voller Anraum - wir sind die ersten, die nach dem gestrigen Schneefall auf den Gipfel gehen - leider ohne jegliche Aussicht, aber alleine. Im Abstieg reißt die Wolkendecke immer mehr auf, so dass wir wenigstens von unten noch mal den Gipfel sehen. Am Gletscherrand sind wir schnell doch dann zieht sich der Abstieg mit den vielen Gegenanstiegen zur Hütte.
Weg zur Fineilspitze (Bildmitte)
Für den kommenden Tag ist besseres Wetter vorhergesagt und so sind wir guter Dinge, die Fineilspitzüberschreitung auch ohne richtige Tourenbeschreibung angehen zu können - wir werden den Weg schon finden :-) Wir steigen zurerst zur "Liftkreuzung" ab und queren dann zwei apere Gletscherausläufer. Danach führt über die Landzunge ein drahtseilversicherter Weg zum Punkt 3144 (der Einstieg befindet sich von unten aus gesehen über einen steilen Schutthang links). Von Punkt 3144 gehen wir über die Landzunge weiter Richtung Süden und queren von deren Ende ins Fineiljoch zuerst über Gletscher später steiler in Eisflanke (bis 40°, kann bei schlechten Verhältnissen im Fels umgangen werden). Vom Joch sind wir schnell in unschwierigem Gelände am Gipfel. Auch heute ist uns keine Gipfelsicht gegönnt, die Wolken haben letztendlich doch zugezogen und so überschreiten wir bei null Sicht ohne Pause den Gipfel. Im Abstieg finden wir schnell Steigspuren und Steinmänner, doch ohne Sicht müssen wir trotzdem aufpassen, diese nicht zu verlieren. Wir haben den richtigen Riecher und kommen ohne weitere Gletscherberührung direkt zur Ötzifundstelle und dem Tisenjoch. Ab hier ist der Weg sowohl zur Martin-Busch-Hütte wie auch zur Similaunhütte markiert. Da wir ins Schnalstal zurück müssen entscheiden wir uns für letzteren und treffen alsbald auf die E5-Wanderer in Scharen. Den Abstieg nach Vernagt bringen wir schnell hinter uns - sogar die Kühe scheinen sich in ihrer Ruhe gestört zu fühlen und setzen zu Sprints an. Wie sollte es anders sein, im Abstieg bekommen wir wieder genug Sonne.
Fineilspitze
Nach diesen zwei schönen, einsamen Hochtouren (ohne Gipfelaussicht aber ansonsten doch mit passablem Wetter) suchen wir uns erst mal einen Campingplatz und gönnen uns einen Ruhetag (an dem geschickterweise eine Kaltfront durchzieht).

Dienstag, 30. August 2016

Endlich Urlaub...

Fürs Wochenende war endlich tolles Wetter vorhergesagt. Leider ist es mittlerweile schwierig kurzfristig Hüttenübernachtungen in den Ostalpen am Wochenende zu bekommen. So entschieden wir (Martin und ich) uns, mit einer leichten Kletterei den Urlaub zu beginnen. Die Plattnitzer Jochspitze mit ihrem Ostgrat war dafür bestens geeignet.  Den Einstieg und Route findet man ziemlich gut, ich merkte, dass ich lange nicht mehr am Fels klettern war, trotzdem genossen wir die Sonne am Fels. Die Kletterei ist nicht schwer und so waren doch einige Seilschaften am Ostgrat unterwegs. Oben am Gipfel genossen wir das Panorama und stiegen dann gemütlich zum Spullersee ab. Unten am Lech machten wir uns noch kurz frisch - kalt war das Wasser aber nach so einem Schweißtag doch sehr angenehm.
Weiter zog es uns ins Pitztal, von Sonntag auf Montag hatten wir einen Platz auf der Rüsselsheimer Hütte. Einfach nur auf die Hütte aufsteigen um dann den Mainzer Höhenweg zu gehen, wäre Martin zu wenig gewesen. Also starteten wir bereits gegen 8 Uhr am Parkplatz in Plangeross um über die Hütte und den Westgrat zur Hohen Geige aufzusteigen. Mmmmh Blockkletterei. Doch eigentlich relativ fest und bis auf den Gipfelaufschwung gut zu begehen. Abgestiegen sind wir über den Normalweg - das ist ein reiner Schutthaufen, da war ich doch ziemlich froh, als ich wieder unten an der Hütte war.
Da für den kommenden Tag Gewitter ab Nachmittags angesagt waren und für den Mainzer Höhenweg 10h angegeben sind, hieß es für uns früh starten, um 6 Uhr. Der Himmel war bereits bewölkt, trotzdem konnte sich die Sonne immer wieder durchsetzen. Der Weg führt zuerst hinauf ins Weißmaurachjoch und dann über ein paar Eisentritte über ein Schneefeld über den Höhenzug des Geigenkamm entlang bis zum Biwak. Am Biwak machten wir Mittagspause, bis hierher hatten wir auch 4,5 h gebraucht. Im Norden hatten sich bereits viele Wolken zusammengezogen und es klang auch ganz dumpf nach Donnern doch bei uns schien noch die Sonne - also schnell weiter. Jetzt änderte sich der Charakter - der Weg führt nun meist über den Grat in stetem auf und ab. Der Weg sieht noch weit aus - doch bald sind wir am Abzweig zum Rettenbachferner. Hier rasten wir noch mal, allmählich macht sich nämlich die lange Tour und der Vortag mit seinen 1800 hm bemerkbar. Nun folgen wir dem Franz-Auer-Steig, der erst ordentlich an Höhe verliert und dann noch mal zum Gegenanstieg ansetzt, bevor wir dann final zur Hütte absteigen. 8h nach dem Aufbruch von der Rüsselsheimer Hütte genießen wir den Kaiserschmarrn auf der Braunschweiger Hütte. Das Gewitter kam - um 8 Uhr abends.

Montag, 18. Juli 2016

Viiiiel Schnee im Juli....

Triangle - rechts: Goulotte Chéré
Endlich mal wieder Berge! Das erste Juli-Wochenende sind Erik, Ansgar, Jochem, Axel und ich auf die Cosmique-Hütte mit dem Ziel, steile Eisflanken zu begehen und das Handling im Hochalpinen zu üben. Das Wetter war überwiegend gut vorhergesagt und so entschieden wir uns trotz des vielen Schnees auf alle Fälle mal zu fahren und dann zu schauen, was denn so ginge. Nach gut 5h waren wir von Karlsruhe über den Abstecher Bern, um Ansgar einzupacken, in Chamonix. Die Sonne stand hoch am Himmel und es war sehr sommerlich. Also bloß nicht zu viel anziehen, auch wenn wir gleich 2500m höher sein werden. Mit vielen Touristen reihen wir uns in die Schlange zur Aiguille du Midi ein. Die Fahrt hinauf geht schnell und das Panorama war sehr beeindruckend. Oben angekommen ist es gar nicht so leicht, den richtigen Ausgang zu finden, ein Irrgarten aus vielen Wegen und Tunneln. Wir kommen schnell raus und stehen dann da, mitten unter Sommertouristen im Winter: Das Beäugtwerden ist noch intensiver als am Jungfraujoch, auch der Start der Tour spektakulärer, muss man doch gleich einen Firngrat absteigen, der steil nach Chamonix abfällt. Der Schnee ist butterweich, die Sonne knallt runter und wir sind froh, dass wir nicht zu viel angezogen haben. Nach kurzer Diskussion entscheiden wir, direkt zum Pt Lachenal (3613m) weiterzugehen und die Hütte rechts liegen zu lassen (die knapp 100 hm zusätzlich sind unakklimatisiert in der Höhe doch unangenehm, außerdem werden wir diesen Weg noch das ein oder andere Mal gehen müssen....). Am Fuß des Pt Lachenal teilen wir uns in zwei Seilschaften aus, die Wand ist vollkommen mit Firn bedeckt, trotzdem packen wir das Seil zum Sichern aus - schließlich wollen wir üben. Ich stapfe mal los und merke schon, dass ich überhaupt nicht an die Höhe angepasst bin. Zwischendurch und oben bieten sich Felsblöcke zum Sichern an, oben hat man einen herrlichen Blick auf den Dent Geant und die Grandes Jorasses. Für mich, die zum ersten Mal in diesem Gebiet unterwegs ist, sehr beeindruckend. Nach einer gemütlichen Pause steigen wir über die flachste Stelle der Wand wieder ab und schlappen gemütlich zur Hütte.
Mont Blanc du Tacul
Für Samstag ist durchwachsenes Wetter mit Gewittern vorhergesagt. Wir starten um 6 Uhr bei teils bewölktem Himmel Richtung Goulotte Chéré - das scheint die einzige Route des Triangle zu sein, wo das Eis nicht von Trittfirn bedeckt ist. Die Wolkenstimmung am Himmel ist interessant, aber nicht so beängstigend, dass wir nicht einsteigen. Wir brauchen etwas, bis wir das Material auf die zwei Seilschaften verteilt haben und wir sichern an zwei unterschiedlichen Punkten die beiden Vorsteiger Erik und Ansgar. Als alle, außer mir, ich sicher Ansgar noch die 1. Seillänge nach oben, am zweiten Stand sind, sind wir plötzlich vollkommen in Wolken eingehüllt und es fängt an zu schneien, innerhalb weniger Minuten sind wir von passablen Wetter bei einem Schneesturm mit Gewitter angelangt und so ziehen wir uns schnell zurück - wenn man hier von schnell reden kann. Als wir alle wieder unten auf dem Gletscherplateau angekommen sind, scheint die Sonne.
Nach kurzer Diskussion entscheiden wir, uns erstmal auf der Hütte aufzuwärmen, der Spinndrift und der Schnee von oben haben und doch ziemlich durchnässt und ausgekühlt. Als wir auf der Hütte sind und uns mit Tee und zweitem Frühstück eingedeckt haben, geht das ganze Schauspiel von vorne los - ich muss sagen, ich bin froh jetzt ein festes Dach über dem Kopf zu haben. Den restlichen Tag vergammeln wir und für die ursprünglich geplante Spaltenbergung kann sich niemand so richtig motivieren.
Neuer Tag, neues Glück: Die Goulotte hat uns doch in ihren Bann gezogen und so wiederholen wir Sonntag den Einstieg. Überraschenderweise ist eine Seilschaft vor uns (wann die gestartet sind, ist uns nicht ganz klar), doch Eisschlag lösen sie genug aus. Als sie dann auch noch über die Route wieder abseilen, müssen wir im Eisregen und Kälte (die Sonne scheint, aber es weht eine stürmische Brise) ziemlich lang ausharren. Die Kletterei macht aber Spaß. Die Tour ist eingepickelt und damit trotz ihrer 80 Grad nicht so schwer. Die drei kritischen Seillängen steigt Ansgar vor, den Rest gehen wir in Wechselführung. Es macht Spaß, sich immer höher zu pickeln auch wenn ich meine Füße und Finger überhaupt nicht spüre und auch sonst vor Kälte zittere. Wie schön, als wir kurz vor dem Ausstieg endlich auf die ersten Sonnenstrahlen treffen. Der Ausstieg zieht sich etwas, aber oben angekommen bleibt noch genügend Zeit auch auf den Mont Blanc du Tacul weiterzustapfen. Ich spüre die Anstrengung und die Höhe, doch stapfe ich gemählich gen Gipfel. Die letzten 50 hm sind noch mal einfache Felskletterei zum Gipfel (4248m). Oben belohnt uns eine herrliche Rundumsicht, doch der stürmische Wind lässt uns bald absteigen. Kaum sind wir im Windschatten der Taculflanke, stehen wir in unserem eigenen Saft. Zügig durchqueren wir diese - sie sieht zwar sehr beeindruckend aus, aber so recht geheuer ist sie mir mit ihren Spalten und Seracs nicht.
Noch ein Tag mit gutem Wetter soll uns vergönnt sein, aber die Höhe mit dem wenigen Schlaf und der Anstrengung machen sich bei mir doch bemerkbar und so ziehe ich eine kürzere Tour vor. Ansgar und ich wollen über den Cosmique-Grat zur Aiguille du Midi, Jochem, Axel und Erik über eine Firnroute noch mal auf den Triangle. Als wir uns gegen 8 Uhr zum Abmarsch fertig machen, treffen wir Jochem, der sich spontan umentschieden hat. Auf dem Grat ist schon einiges los, doch ist der erste Aufschwung kompletter Trittfirn und Ansgar drückt ordentlich aufs Tempo. So kommen wir als erste an die Abseilstelle und haben dann etwas Zeit, den Weiterweg gut abzusichern. Dabei steige ich das meiste vor - es macht Spaß, sich Sicherungen zu suchen, im Mont-Blanc-Granit findet man immer was.... Am letzten Aufschwung, dem 4b-Riss kommt es noch mal zu unangenehmen Überholmanövern, doch Jochem lässt sich als Vorsteiger nicht aus der Ruhe bringen. Eine schöne, wenn auch mit Steigeisen und Rucksack ungewohnte Kletterei führt uns letztlich über eine Leiter mitten auf die Besucherterasse. Damit endet unsere Tour wo sie begonnen hat - mitten im Tourisengewühl.
Alles in allem war es eine schöne Ausfahrt in ein beeindruckendes Gebiet, die definitiv Lust auf mehr gemacht hat - vielen Dank an Ansgar und Erik für die vielen Tipps und die Geduld :-)

Mittwoch, 11. Mai 2016

Firn zum Abwinken

Stormheimfjellet
Was wünscht man sich mehr als kurze Anfahrt, Sonne, breite Hänge und tollen Schnee zum Abfahren? - Das ganze mit Blick aufs Meer :-) Alles kein Problem....
Martin und ich sind für eine Woche in den hohen Norden aufgebrochen, da wo Anja nun heimisch ist. Eigentlich sollte Anfang Mai rund um Tromsø und in den Lyngsalpan noch genügend Schnee liegen um schöne Skitouren gehen zu können. Dieses Jahr war es seit Mitte April sehr sonnig und eine stabile Hochdrucklage sorgte für hohe Temperaturen. Aber bekanntlich geht immer mehr als man denkt und so war es auch diesmal.
Am Sonntag war erstmal mit dem Gebiet anfreunden angesagt. Anja hatte eine Tour im Hinterland ausgesucht, Starthöhe: 130m - da sollte auf alle Fälle noch genügend Schnee liegen. Und genauso war es. Der obligate Birkenwald war hier leicht zu durchqueren und danach warteten breite, flach geneigete Hänge bis zum Gipfel des Stormheimfjellet (1181m). An die Abfahrt hatten wir alle keine großen Erwartungen, der Schnee sah hart und zerpflügt aus. Er ließ sich aber trotzdem ziemlich gut fahren und die kleine Variante (etwas früher als im Aufstieg Richtung Osten abbiegen) bescherte uns einen unverspurten Pulverhang im idealen Skigelände - und das mit Blick auf den Fjord. Nun war ein fettes Grinsen auf unseren Gesichtern zu erkennen, das auch die nächsten Tage anhalten sollte.
Abfahrt direkt ins Meer
Montag musste Anja leider arbeiten und so sind Martin und ich in die Lyngsalpan aufgebrochen.
Durch die Anfahrt mit Fähre und Kartenkauf in Lyngseidet war klar, dass wir nicht sonderlich früh auf Skitour kommen werden. Also suchten wir eine kurze Tour. Der Rønestinden (1041m, Start in Lyngseidet) war unser Ziel. Doch da der Schnee doch schon ziemlich abgenommen hatte ging nur noch die linke Aufstiegsvariante Richtung  Kavringstinden, die deutlich länger war und so waren wir trotz der nur 1000hm lange unterwegs. Vor allem hatten wir uns hier im Birkenwald, der deutlich dichter war als gestern, ziemlich verfranst.... Immerhin konnten wir ohne einmal die Ski abzuschnallen aufsteigen - das war aber sicher einer der letzten Tage an dem dies möglich wäre.... Auf halben Weg stand eine wunderbare Hütte am fast perfekten Ort mit Blick auf den Fjord. Hier weiterzulaufen waren wir kurzfristig beide unmotiviert, zum Glück wollte das keiner so richtig zugeben. Die restlichen 400 hm den Hang hinauf waren wir schnell und wie wurden wir belohnt! Eine geniale Rundumsicht und der Genießer-Firnhang hinab zu Hütte (ich schwärme heute noch von dieser Abfahrt). Die restliche Abfahrt war sehr lustig, da sich immer die Frage stellte, wie und wo kommen wir genau durch ohne Abzuschnallen - aber wir haben den perfekten Weg gefunden :-)
Rønestinden
Am Dienstag planten wir auf den Rissavarri (1251m) auf der anderen Fjordseite zu steigen. Als wir das erste Mal einen Blick auf den Hang werfen konnten, war klar, hier geht nicht mehr viel, also entschieden wir noch etwas weiter nach Norden zu fahren und den Storhaugen (1142m) in Angriff zu nehmen. Hier hatten wir auch Glück und fanden ab dem Friedhof von Bjørkli Schnee. Die Route durch den Birkenwald war teilweise so eng, dass wir uns schon fragten, ob man wohl auch anderswo abfahren könne. Heiß war es und so machten wir einen auf norwegisch und zogen sowohl Hose als auch T-Shirt aus. Hier waren noch ein paar mehr Leute unterwegs - dieser Berg scheint auch ein beliebtes Ziel kommerzieller Anbieter zu sein, da wir aber nicht vor Mittag starteten, waren wir alleine am Gipfel und genossen sowohl die Aussicht, wieder mal in alle Richtungen wie auch die Firnabfahrt....
Das war es dann leider mit dem schönen Wetter und einige heftige Regenschauer zogen durchs Land. Man konnte dem Schnee quasi beim Schmelzen zu schauen. Trotzdem wollten wir es Ende der Woche noch mal versuchen. Diesmal mit einem Ziel auf Kvaløya.
Auf den Storstolpan (974m) wollten wir. Dieser Berg liegt ziemlich nahe am offenen Meer und der Startpunkt ist mit ca 200m etwas höher als die anderen Ziele. Das Wetter war nun durchwachsen und Sonnenschein, Wolken und Regen wechselten sich schnell ab. Die Tour führt über eine Moräne zu einem Karsee und von dort über einen steilen Hang (~35°) Richtung Gipfel. Leider war der Schnee durch den starken Regen des Vortags ziemlich durchweicht. Lange diskutierten wir, ob wir den steilen Hang begehen können ohne ins Eiswasser zu fallen oder ob wir lieber die Finger davon lassen sollten. Letztendlich hat die Vernunft und Faulheit gesiegt und wir haben eine schöne Pause mit offenem Meerblick gemacht bevor wir die letzten Schwünge der Saison genossen.
Kvaløya
Was ist mein Fazit? Ein schönes Tourengebiet mit vielen Angeboten - von leichten und schönen Hängen bin hin zu alpinen Abenteuern lässt sich dort alles finden und das ganze ziemlich stressfrei - der Schwede würde sagen "Tar det lungt"