Freitag, 15. August 2008

Eis und dumme Sprüche

Nordwände üben schon eine besondere Faszination aus. Aber vor unserer ersten wollten wir unbedingt noch den Aufbaukurs Hochtouren besuchen und da wir noch nie einen Kurs gemeinsam besucht hatten, wurde es endlich mal Zeit. So fuhren wir von der Marmolada über Umwege in die Silvretta. Durch die Umwege haben wir gleich neue Ziele gefunden: den Ortler und das Stilfser Joch muss mal mit dem Rad bezwungen werden.
Ich war noch nie in der Silvretta, obwohl sie ja quasi vor meiner Haustüre liegt und nebenbei kann man noch zwei Gipfel besteigen, also eigentlich waren die Voraussetzungen für den Kurs sehr gut. Da Anja und ich in Galtür geschlafen hatten, konnten wir sogar ausschlafen, weil wir uns erst um 10.30 Uhr an der Bielerhöhe treffen wollten. Wir waren schon viel früher da und es gab mehr Parkplätze als erwartet, aber nach einer kurzen SMS trafen wir uns letztendlich doch. Wir, das waren anders als erwartet, drei Mädels, Anja, Franzi und ich, und unser Übungsleiter, der Michi. Nachdem wir erst noch zusätzliches Material in unsere Rucksäcke geladen hatten, konnten wir endlich los. Der Aufstieg zur Wiesbadener Hütte war mit 2¼ h angegeben. Anja und ich waren irgendwie ein hohes Aufstiegstempo gewöhnt und so ließen wir uns auch von den schwereren Rucksäcken nicht stören. Und auch die anderen beiden schienen keine weiteren Einwände zu haben. Der Weg führte zunächst am See entlang, und stieg dann im OchMichi versucht uns das Prusiken zu zeigensental teilweise steiler an. Wir überholten einige Tagestouristen und schaukelten das Tempo gegenseitig nach oben. Man könnte auch sagen, es war ein typisches „Beschnuppern“. Nach dem Anstieg in knapp 1,5 h war aber klar, dass die Fitness der Teilnehmer dem Kurs nicht hinderlich sein würde. Michi schien besonders froh zu sein, endlich auf der Hütte angekommen zu sein.
Nach einer kurzen Mittagspause gingen wir direkt zu den ersten Trockenübungen über: Wiederholung der Spaltenbergung im Gras, Knotenkunde, Standbau und Hochprusiken. Die beste Möglichkeit, die sich hierfür finden ließ, war ein ca. 2 m hoher Balkon. Dementsprechend ulkig fallen die Bilder aus.
Nach dieser kurzen praktischen Theorieeinheit waren wir für die nächsten Tage gerüstet.
Piz BuinDer erste richtige Tag startete dann eher gemütlich, also erst um kurz vor 7 aufstehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf Richtung Ochsentalgletscher. Hier wollten wir ein bisschen das Pickeln in steilerem Eis üben und natürlich die allseits beliebte Spaltenbergung. Nachdem wir aber bereits bis aufs Gletscherplateau (ca. 2900hm) gelaufen waren und keine schöne Spalte zum reinfallen finden konnten, machten wir uns direkt zurück auf den Weg in den Eisbruch. Der Piz Buin war nicht mehr wirklich weit von uns weg und zu dieser Zeit dachten wir auch noch wir würden die Tage da oben hinkommen. Nun galt es noch ein paar Steigeisentechniken auszuprobieren. Speziell mit der Variante bei der man Rückwärts zum Eis steht und dann den Pickel nach hinten einschlägt konnten wir uns nicht wirklich anfreunden. Wir übten noch ein wenig das in der Seilschaft gehen im Eis auf dem flachen Gletscher, vielleicht ein ganz wenig konstruiert ;-), bevor es dann endlich in eine schöne, breite, blanke Spalte ging, in der wir mal im steileren Eis ein wenig rumpickeln konnten. Ich will wieder Eisklettern!!!
Um vier waren wir dann alle glücklich zurück auf der Hütte und genossen die restlichen Sonnenstrahlen auf der Terrasse, wobei jeder mit sich kämpfen musste ob er jetzt nicht vielleicht doch noch einen Topfenstrudel isst.
Heute stand die Spaltenbergung auf dem Programm. An der Ochsenscharte ist ein großer Windkolk, an dem man diese üben können soll. Da wir keine Lust hatten, nur Spaltenbergung zu machen, beschlossen wir noch kurzerhand, vorher die Dreiländerspitze zu besteigen, das waren gerade noch 220 hm mehr. Wir brachen als erste um kurz vor sieben von der Hütte auf. Noch war das Wetter gut, im Laufe des Tages sollte es aber schlechter werden. Der Weg ist relativ problemlos. Michi ging mal wieder vor, wahrscheinlich, um ein gemütlicheres Tempo zu gehen. Am Gletscher zogen wir Steigeisen an und kurz vor der Ochsenscharte seilten wir an. Dann ging es etwas steiler bergauf in die Norwestflanke, die mal eine schöne Firnflanke war. Von dort gelangten wir auf den Westgrat. Der war im Führer als I bewertet, stellte sich aber eher als II-Kletterei heraus. Stolz präsentiert uns Michi das SeilgeländerProbleme ergaben sich daraus für uns jedoch keine. Vor dem Gipfelkreuz gibt es eine sehr kleine Scharte. Hier wollte uns Michi einen Auf dem Gipfel hatten wir das Foto vergessen....Gefallen tun und hängte ein Seilgeländer ein. Wirklich anspruchsvoll war diese kurze Kletterei nicht, aber wir taten Michi dem Gefallen und hängten uns ein. Dafür musste er sich hinterher eine Menge dummer Sprüche gefallen lassen. Mittlerweile waren im Süden Wolken aufgezogen, so dass die Sicht doch ziemlich versperrt war. Da es außerdem windig war, blieben wir nicht lange oben. Der Abstieg vom Grat war dann einfacher als erwartet. Die Stellen, die im Aufstieg etwas heikel erschienen, ließen sich problemlos abklettern. Nun hatten wir genug Zeit, die Spaltenbergung zu üben. Das ging bei uns dreien ziemlich flugs durch: zuerst in einer Dreierseilschaft, danach hatten wir noch das Vergnügen, Spaltenbergung in einer Zweierseilschaft zu üben. Das war sehr interessant zu sehen. Der feuchte Schnee kam uns sehr entgegen, aber es ging doch, eine Person zu halten und gleichzeitig einen T-Anker zu graben, auch wenn einem dabei das ein oder andere Missgeschick passieren kann. Anschließend durften wir uns noch selbst aus der Spalte retten. Da der Kolk aber geneigt war, war das Prusiken und die Münchhausentechnik viel einfacher als beim freien Hängen. Nachdem jeder jede Übung exerziert hatte, ging es schnell zur Hütte zurück, dunkle Wolken waren in der Zwischenzeit aufgezogen und verkündeten nichts Gutes. Am Gletscherrand sahen wir dann noch zwei Steinböcke, es ist schon erstaunlich in was für einer Umgebung diese stattlichen Tiere leben.
Zurück an der Hütte ließen wir den Nachmittag mit viel Tee auf der Terrasse und später in der Hütte ausklingen. Und diesmal fiel der erste dem Topfenstrudel zum Opfer.
Heute sollte es dann doch noch so weit sein, wir wollten auf den Piz Buin. Der Wecker klingelte um 10 vor 6 und wir machten uns auf den Weg ins Bad. Der Blick aus dem Badezimmerfenster war dann aber alles andere als berauschend. Dicke, dunkle, tief hängende Wolken umgaben den Piz Buin. Nach einer kurzen Gruppenberatung vor der Hütte fiel die Entscheidung dann aber leicht – zurück ins Bett.
Eine Stunde später schälten wir uns dann aber doch aus dem Bett und machten und später auf den Weg in den Klettergarten. Regnen tat es zwar nicht, aber der Wind blies schon ganz schön kräftig, so dass auf coole Mützen auf keinen Fall verzischtet werden durfte.
Im Klettergarten gab es dann viel Neues für Ansa und mich. Wir legten Klemmkeile und Köpfle oder bauten Stände nur mit Selbstgelegtem. Dann ging es noch ans Abseilen und als Michi unser „Es ist soooo kalt!“-Geheule nicht mehr hören konnte, durften wir dann das Prusiken noch einmal üben. Das Seil schwankte ziemlich unter dem Überhang im Wind und so wurde aus Prusiken ein bisschen Karussell fahren.
Die Mittagspause verbrachten wir dann in der Hütte, wo es schön warm war und natürlich Topfenstrudel gab. So konnten wir auch mal den Tagesbetrieb auf der Hütte begutachten und die eine oder andere Feststellung über den Otto-Normal-Bergsteiger machen.
Danach ging es zurück in den Klettergarten um noch ein bisschen mehr an den Ständen zu basteln und zu lernen wie man mit einer Seilverlängerung jemanden gleich 100m abseilen kann.
Den Abend verbrachten wir dann wie jeden, mit viel Tee und vielen dummen Sprüchen.
Da wir uns alle drei mit der Intention, in Zukunft Nordwände zu gehen, zu dem Kurs angemeldet hatten, wollten wir natürlich noch etwas mehr pickeln, am besten eine wandähnliche Strecke. Leider ist in der Umgebung der Hütte keine Wand zu finden, aber auf dem Ochsentaler Gletscher gibt es eine Stelle, die etwas steiler ist. Dort wollten wir hin und dafür sogar auf den Piz Buin verzichten. Das Wetter war eigentlich ganz gut vorhergesagt. Der Wecker war also auf kurz vor 6 gestellt. In der Nacht wachte ich öfters auf und hörte es jedes Mal tropfen, es regnete also. Als dann morgens der Wecker klingelte, regnete es immer noch und so rührte sich erst mal niemand. Irgendwann erbarmte sich Michi, nach dem Wetter zu schauen und kam kurz darauf mit dem Kommentar zurück: „Wir tun uns alle einen Gefallen, wenn wir im Bett bleiben.“ Der Kaffeeduft wurde dann aber doch zu stark und wir standen auf. Mittlerweile hatte es sogar aufgehört zu regnen, aber für den Gletscher waren wir schon zu spät dran und das Wetter war immOb da nicht was wahres dran ist?er noch nicht wirklich gut. Eine weiße Wand war um die Hütte gebaut worden. So machten wir noch eine kurze Einheit Bergrettung, bevor wir uns in der Hütte noch mal, wie sollte man anderes vermuten, mit Tee aufwärmten. Da wir nichts mehr zu tun hatten, konnten wir ebenso gut absteigen. Da Franzi noch ein paar Tage oben auf der Hütte blieb, und Anja und ich die Wettervorhersage für den Donnerstag alles andere als überzeugend fanden und somit auf einen Gipfelversuch des Piz Buins verzichteten, stiegen wir zu dritt ab. Entgegen kamen uns die vielen Tagestouristen, die je weiter wir nach unten kamen uns immer mehr wie Aussätzige betrachteten.
Anja hatte mal wieder eine unglaublich tolle Schnapsidee gehabt. In Partenen gibt es eine Treppe, was an sich noch nichts Außergewöhnliches ist, diese Treppe führt aber über 700 hm in 4000 Stufen nach oben. Da wir die letzten beiden Tage wetterbedingt sehr faul waren, wäre das der richtige Ausgleich gewesen. So legten Anja und ich dort noch einen Stopp ein, Michi konnten wir leider nicht überreden, er war wahrscheinlich froh, endlich seine Ruhe zu haben :-). Beim Anblick der Treppe verging uns aber jede Lust, diese hochzulaufen. Sollten wir uns jemals über die Qualität der Turmbergtreppe beschwert haben, so wissen wir jetzt, die hat eine Topqualität.

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