Mittwoch, 28. September 2016

Eeeeendlich!

Auch wenn Anja es noch viel mehr verdient hätte, hat zumindest die Hälfte von uns - nämlich ich - endlich den Galenstock bestiegen. Eine lange Geschichte - hier findet ihr den Anfang der Geschichte, eine weitere Episode findet sich hier und ganz abgesehen von den nicht dokumentierten Versuchen schien ein Fluch auf diesem Berg zu liegen. Zum Glück wurde die Wettervorhersage fürs Wochenende von Tag zu Tag besser und so starteten Moritz, Sandra, Martin und ich optimistisch am Samstag Richtung Furkapass. Der Hüttenaufstieg auf die Sidelenhütte (2708m) ist kurz und so hatten wir nachmittags noch Zeit den besten Weg auf den Gletscher zu finden, damit wir im Dunkeln nicht zu viel Zeit verlieren.
Erste III-Kletterstelle
Die Sidelenhütte ist eine kleine, private Hütte mit sehr familiärer Atmosphäre. Nach dem Abendessen waren wir vier auch direkt im Bett, wir waren einfach müde und doch quatschten wir im Lager noch ziemlich lange.
am Gipfel
Nach dem Frühstück um 6 Uhr starteten wir alleine, eine Zweierseilschaft war etwas hinter uns unterwegs. Dank der Erkundungstour am Vortag fanden wir den Weg ziemlich gut. Das Firnfeld, dass uns zum Einstieg des Süd-Ost-Sporns führen sollte, war ziemlich ausgeapert, wir stiegen also über eine Schmoddermasse, die zum Glück gefroren war, auf und am Punkt 3252 trafen uns die ersten Sonnenstrahlen. Hier beginnt der eigentliche Sporn, wobei zu Beginn noch Gehgelände zu überwinden ist. Erst bei der ersten richtigen Kletterstelle packten wir das Seil aus und kletterten in zwei Seilschaften über jetzt festen und schön geschichteten Fels nach oben. Diesmal hatten wir mit ca. 20m die ideale Seillänge gefunden und kamen schnell vorwärts. Oberhalb des Sporns folgt man dem Normalweg auf den Gipfel, wobei die Gipfelflanke noch mal etwas steiler ist. Diese war teils blank und so kamen sogar mal unsere Eisschrauben zum Einsatz, bevor wir gegen 11.30 alleine am Gipfel bei bester Gipfelsicht standen. Dank der Abseilstelle westlich des Sporns, sowie des weichen Schnees unterhalb, der sich ideal zum Abfahren eigenete, waren wir relativ schnell und ohne schmerzende Knie wieder an der Hütte.
Fazit: Eine schöne, abwechslungsreiche nicht zu lange Hochtour mit einem tollen Aussichtsgipfel


Montag, 19. September 2016

Auf Messers Schneide

Und weil es so gut läuft und das erste richtige stabile Hoch des Sommers einfach nicht klein zu kriegen ist, müssen Martin und ich im Engadin natürlich auch noch mal die schweren Stiefel auspacken.... Nach dem gemütlichen Abendessen bei Zachi verbringen wir den nächsten Vormittag mit Rucksack packen, letzte Sachen recherchieren, Vorräte auffüllen und einfach kurz in der Sonne ausspannen. Mittags machen wir uns dann auf den Weg nach Pontresina, von wo aus wir zuerst durch lichten Kiefernwald ins Val Roseg wandern. Es ist unglaublich heiß, trotz der Höhe (Pontresina liegt auf 1800m) und so sind wir über jeden Schatten froh. Beeindruckend wie sich das Tal weitet und den Blick auf die Gletscher frei gibt. Wir steigen weiter zur Tschiervahütte. Einige entgegenkommende Wanderer schauen uns ungläubig an, wünschen uns viel Glück oder fragen uns, ob wir uns wirklich sicher sind. Das erhöht natürlich die innere Anspannung vor so einer Tour... Gegen vier Uhr sind wir auf der Hütte und trotz des herrlichen Wetters suchen wir einen Schattenplatz in der Hütte und leeren eine 1,5-Liter-Flasche nach der anderen (beim Bezahlen fragt die Hüttenwartin, ob unsere Strichliste auch wirklich stimmt *g*). Die Sonne hat uns regelrecht ausgetrocknet... Die Tschiervahütte hat einen modernen Anbau in Holz-/Betonoptik bekommen, wie ich finde, ist diese Renovation ausgesprochen gut gelungen. Der Abend vergeht schnell und die Anspannung vor dem nächsten Tag wird nicht weniger. Letzte Tipps zur Wegführung zur Fuorcla Prievlusa erhalten wir von unserem Tischnachbarn, der den Biancograt bereits dreimal gemacht hat. So fühlen wir uns doch ganz gut vorbereitet und verschwinden früh in die Federn. Vom Bett aus sehen wir die Berge im letzten Abendlicht versinken.
Da geht's hinauf: Biancograt
Der Wecker klingelt um 2.45. Im Lager ist es ziemlich ruhig. Selbst beim Frühstück kommt überhaupt keine Unruhe auf, die Hütte ist zwar nicht voll, aber so entspannt habe ich selten eine Hütte vor einer solchen Tour erlebt. So kommt es dann auch, dass wir als erste Richtung Furocla Prievlusa starten, alle anderen peilen den Piz Roseg an. Zu Beginn finden wir den Weg sehr gut, zweimal verlieren wir ihn aber und müssen jeweils ein paar Meter zurück. Dabei holen uns zwei nachfolgende Seilschaften ein. Die erste heiklere Stelle ist das Überwinden des Bergschrunds, ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Zur Fuorcla gehen wir über die Firnflanke, diese ist gut eingeschneit und weißt schönen Trittfirn auf. In der Fuorcla treffen wir auf die Sonne. Nach einer kurzen Pause machen wir uns an die Kletterei. Zu Beginn haben wir einen Bergführer mit seinen Kunden vor uns, der uns den Weg weißt, doch dadurch, dass wir über Fixpunkte sichern, brauchen wir länger. Die Kletterei zieht sich ziemlich bis wir endlich auf dem eigentlich Biancograt ankommen. Die zweite heikle Stelle ist die Umgehung des letzten Köpfles im Firn, hier ist es ziemlich aper und der Abgrund tief. Danach ist der Grat wunderbar gespurt und es heißt für die nächsten 400hm einfach nur sauber einen Schritt nach dem anderen setzen. Das Panorama ist wunderbar, doch habe ich diesmal keinen Blick dafür, ich konzentriere mich voll und ganz auf den Grat. Endlich sind wir am Piz Bianco, doch der Weiterweg sieht ganz schön heiß aus. Aber wie so oft, entpuppt es sich dann als leichter, doch die Kletterei zieht sich noch mal etwas weiter als gedacht.... Als wir endlich auf dem Gipfel der Bernina sind, fällt mir ein großer Stein vom Herzen. Aber die Tour ist hier keinesfalls zu Ende. Der Abstieg über dem Spallagrat hat es auch noch mal in sich: noch mal ein ausgesetzer Grat bevor wir Richtung Rifugio Marco e Rosa abseilen. Hier  erholen wir uns mit Radler und einem tollen Essen inkl Pasta aus Plastiktellern - eine echte italienische Hütte also.
Spallagrat
Am nächsten Morgen starten wir wieder früh (um 6:00), denn der Weg bis ins Tal ist noch weit. Wir queren die Hänge unter den Bellavistagipfeln, um die Uhrzeit ist alles fest und hart, zum Fortezzagrat. Diesen seilen wir teilweise ab und teilweise klettern wir ab, bevor wir den Rest über Firn Richtung Vadret de la Fortezza absteigen. Bis wir an der Isla Persa ankommen ist fast Mittag. Jetzt heißt es den Pfadfindersinn auszupacken, erstaunlich gut finden wir mittels alter Trittspuren und viel Fantasie von Steinmännchen den Wanderweg der von der Diavolezza zur Bovalhütte führt. Unsere Beschreibung war schon etwas älter und führt ebenfalls über die Bovalhütte, doch erscheint uns das bei dem aktuellen Gletscherstand nicht als der schnellste Weg. Auf der alten Seitenmoräne vom Vadret Pers steigen wir Richtung Morteratschgletscher ab - ein kleiner Pfad und nicht zu alte Trittspuren lassen uns vermuten, dass wir hier irgendwie durchkommen müssten. Und tatsächlich scheint hier ein Weg auf den Morteratschgletscher zu führen. Dieser lässt sich sehr gut ohne Steigeisen begehen und so hoffen wir an der Zunge irgendwie wieder auf Land zu kommen und laufen nach vorne. Und auch hier haben wir wieder Glück, auf der rechten Seite kommen wir auf gewachsenen Fels und nun heißt es nur noch zum Touriweg abzusteigen. Bald haben uns die Massen wieder und wir wandern auf dem breiten Weg raus Richtung Morteratsch. Dabei wird einem noch mal vor Augen geführt, wie schnell sich der Gletscher zurückgezogen hat, dafür haben nun Pflanzen und kleine Bäume das ehemalige Gletscherbett erobert.
In der Bellavistaquerung
In Morteratsch gibt es erst mal was zu trinken: Unsere Camelbags waren schon lange leer... Geschafft suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und warten auf den nächsten Zug.
Die schweren Hochtourenstiefel werden gegen leichte Wanderschuhe getauscht und der letzte Urlaubstag mit Zachi und Family im stabilen Hoch genossen.

Dienstag, 6. September 2016

Wenn wir schon mal da sind....

Oberhalb Bärenloch
Die Campingplatzsuche im Vinschgau gestaltet sich gar nicht so einfach, schließlich werden wir in Prad fündig. Samstag vormittag verbringen wir mit Waschen, in der Sonne rumsitzen und Besorgungen im Städtle machen. Nachmittags kommt dann die angekündigte Kaltfront und es schüttet aus allen Kübeln, der Himmel verheißt nichts gutes. Wir machen es uns gemütlich und planen die nächsten Touren - schließlich, wenn wir schon mal in der Ecke sind, wollen wir auf den Ortler. Sonntag ist zwar noch alles Wolken verhangen, aber wir können immerhin wieder draußen frühstücken - der Wetterbericht stimmt ziemlich genau. Gegen Mittag sind wir dann in Sulden und starten im Nebel auf die Payerhütte. Wir haben uns nach längerer Diskussion für den Normalweg entschieden - er scheint uns einfach passender. Die Felswände im Zustieg zur Tabarettahütte bekommen wir kaum zu Gesicht, es wabern viele Wolken, was das ganze noch mystischer macht. An der Tabarettahütte machen wir eine kurze Pause mit Suppe - es ist doch ziemlich frisch und feucht. Im weiteren Aufstieg kommen uns ein paar Gipfelgänger entgegen, damit haben wir für morgen auf alle Fälle eine Spur im Schnee. Gegen halb vier sind wir oben und die Hütte will ihren Charme nicht so recht versprühen. Es ist kalt und so kuschel ich mich ins Bettchen (im Lager stehen unglaublich viele Betten rum, auf den unteren kann man sich nicht mal aufrecht hinsetzen, so niedrig sind diese). Das Lager wird mit der Zeit zwar voller, aber von voll kann zum Glück keine Rede sein. Als ich zum Abendessen wieder aufstehe, scheint auch schon die Sonne, nur im Tal hängen noch die Restwolken, das verspricht für morgen das angekündigte beste Wetter.
Das Frühstück verläuft etwas unorthodox: Anscheinend hat jeder eine andere Uhrzeit genannt bekommen, denn als wir um 5 Uhr kommen sind die ersten schon weg. Auf der anderen Seite gar nicht so blöd, weil sich dann der Tatzelwurm etwas auseinanderzieht. Im Schein der Stirnlampen finden wir den Weg erstaunlich gut zum Wandl, über dieses mit Eisenketten nach oben zur Schlüsselstelle (für die wir das Seil auspacken). Nach der Schlüsselstelle folgt die Querung zum Bärenloch, wo wir dann Steigeisen anziehen und auf Gletscher umrüsten. Im Bärenloch selbst haben wir eine kurze Stelle Blankeis, allerdings sind Stufen geschlagen, so dass dies im Aufstieg kein Problem darstellt. Danach folgt noch mal eine steile Firnstufe bevor es über das Ortlerplatt Richtung Gipfel geht. Hier kommt uns bereits die erste Seilschaft entgegen. Nach 3 Stunden sind wir am völlig überfüllten Gipfel (vom Hintergrat kommen noch einige Seilschaften hoch und von der Payerhütte werden auch ca. 40 Leute gestartet sein).
Blick zurück
Nach einer kurzen Pause steigen wir schnell ab - es scheint zwar die Sonne und es ist richtig klar, doch ein frischer Wind weht durch alle Ritzen. Erst unterhalb der steilen Firnstufe erwärme ich mich wieder, aber nun haben wir alle Seilschaften hinter uns gelassen und so können wir uns in Ruhe an die heikleren Stellen machen. Das Bärenloch abklettern ist sicher die interessanteste, aber auch das meistern wir gut und dann heißt es nur noch dem speckigen Fels folgen. Wie meist zieht sich der Weg bis zur Hütte noch ordentlich (morgens im Dunkeln nimmt man das nicht als so lange war).
Nach einer kurzen Rast an der Hütte steigen wir ins Tal ab. Viele neue Gipfelaspiranten kommen uns entgegen. Wir scheinen uns den perfekten Tag ausgesucht zu haben: wenig Leute & bestes Wetter.
Abends erwartet uns Zachi im Engadin und so machen wir uns auf den Weg über das Val Mustair und den Ofenpass nach Samedan.

Montag, 5. September 2016

Nächste Etappe: Hochtouren

Gipfelflanke Weißkugel
Nach einer Nacht auf dem Campingplatz in Imst waren wir wieder bereit für weitere Touren. Ein paar Hochtouren sind hier noch um die Ecke, die ich noch nicht gemacht habe: Weißkugel und Fineilspitze. Da Martin zu faul ist, von Vent zur Schönen Aussicht zu laufen und von Imst es fast egal ist, wo man hinfährt, entscheiden wir uns vom Schnalstal aus zu starten. Auf dem Weg dorthin erledigen wir noch die letzten Besorgungen und steigen dann nachmittags von Kurzras auf. Es nieselt immer wieder und ziemlich feucht kommen wir oben auf der Hütte an. Dort werden wir von einem warmen Trockenraum empfangen und auch Jasmin tut alles, dass wir uns gleich wohlfühlen. Die Schöne Aussicht ist einfach keine normale Hütte (Sauna, Saunatuch, 4-Gänge-Menue, Schuhtrockner und sowieso ein total uriges Haus). Am nächsten Tag wollen wir auf die Weißkugel - wir sind die einzigen, die meisten Gäste sind Wanderer oder Genießer.
Gipfelgrat Weißkugel
Nach dem Thermofrühstück um 5 Uhr ist es immer noch ziemlich bedeckt. Den Weg bis zur Teufelseggbahn finden wir sehr gut, auch danach ist er gut markiert, verläuft allerdings anders als auf der Karte eingezeichnet. 2,5h brauchen wir bis zum Gletscher. Ein bisschen haben sich die Wolken gelüftet, so dass wir zumindest das Hintereisjoch erkennen. Anhand einer alten Spur finden wir dort auch sehr gut hin und kurz zeigt sich sogar die Sonne. Die Randkluft lässt sich steil aber wunderbar eingeschneit überwinden. Das Spuren hinterlässt doch mehr als ein paar Spuren bei mir und so löst Martin mich mit der Spurerei an der steilen Gipfelflanke ab. Am Grat haben uns die Wolken wieder, doch finden wir gut zum Felsaufschwung. Die Felsen sind eingeschneit und voller Anraum - wir sind die ersten, die nach dem gestrigen Schneefall auf den Gipfel gehen - leider ohne jegliche Aussicht, aber alleine. Im Abstieg reißt die Wolkendecke immer mehr auf, so dass wir wenigstens von unten noch mal den Gipfel sehen. Am Gletscherrand sind wir schnell doch dann zieht sich der Abstieg mit den vielen Gegenanstiegen zur Hütte.
Weg zur Fineilspitze (Bildmitte)
Für den kommenden Tag ist besseres Wetter vorhergesagt und so sind wir guter Dinge, die Fineilspitzüberschreitung auch ohne richtige Tourenbeschreibung angehen zu können - wir werden den Weg schon finden :-) Wir steigen zurerst zur "Liftkreuzung" ab und queren dann zwei apere Gletscherausläufer. Danach führt über die Landzunge ein drahtseilversicherter Weg zum Punkt 3144 (der Einstieg befindet sich von unten aus gesehen über einen steilen Schutthang links). Von Punkt 3144 gehen wir über die Landzunge weiter Richtung Süden und queren von deren Ende ins Fineiljoch zuerst über Gletscher später steiler in Eisflanke (bis 40°, kann bei schlechten Verhältnissen im Fels umgangen werden). Vom Joch sind wir schnell in unschwierigem Gelände am Gipfel. Auch heute ist uns keine Gipfelsicht gegönnt, die Wolken haben letztendlich doch zugezogen und so überschreiten wir bei null Sicht ohne Pause den Gipfel. Im Abstieg finden wir schnell Steigspuren und Steinmänner, doch ohne Sicht müssen wir trotzdem aufpassen, diese nicht zu verlieren. Wir haben den richtigen Riecher und kommen ohne weitere Gletscherberührung direkt zur Ötzifundstelle und dem Tisenjoch. Ab hier ist der Weg sowohl zur Martin-Busch-Hütte wie auch zur Similaunhütte markiert. Da wir ins Schnalstal zurück müssen entscheiden wir uns für letzteren und treffen alsbald auf die E5-Wanderer in Scharen. Den Abstieg nach Vernagt bringen wir schnell hinter uns - sogar die Kühe scheinen sich in ihrer Ruhe gestört zu fühlen und setzen zu Sprints an. Wie sollte es anders sein, im Abstieg bekommen wir wieder genug Sonne.
Fineilspitze
Nach diesen zwei schönen, einsamen Hochtouren (ohne Gipfelaussicht aber ansonsten doch mit passablem Wetter) suchen wir uns erst mal einen Campingplatz und gönnen uns einen Ruhetag (an dem geschickterweise eine Kaltfront durchzieht).