...und eine Packliste hatte ich. Sonst wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Ins Jämtland würde es gehen. Der Zug fuhr um Mitternacht ab Stockholm Centralen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel um diese Uhrzeit dort los ist. Und fast jeder hatte Ski oder ähnliches dabei. Ich konnte bei SJ, da ich spät dran war, leider keinen Liegeplatz mehr buchen, so konnte ich endlich auch mal die Erfahrung Schlafen im Sitzen in schwedischen Zügen machen.
Sturm war vorhergesagt. Ich hatte keine guten Erinnerungen an das Jämtland, war ich doch eine Woche bei Sturm und Regen bzw. Schnee in Åre Ski fahren gewesen. Mit einer Stunde Verspätung kam ich in Enafors an. Dieser Ort besteht mal wieder nur aus einem Bahnhof und zwei Häusern, aber der Intercity aus Stockholm hält trotzdem. Das vorgebuchte Taxi entpuppte sich als Bus und so alleine war ich auch nicht.
Irgendwie habe ich dann auf Storulvån meine Gruppe gefunden, die Ausrüstung ausgeliehen und die Wanderkarte besorgt. Bei dem Anblick der Ausrüstung kam mal wieder der Gedanke auf, warum ich überhaupt hier sei. Aber...
Auf der Packliste fanden sich Dinge wie Schlafsack bis -20°C und das, wo ich eh immer friere. Also hatte ich mir kurzerhand noch einen zweiten ausgeliehen. Außerdem eine Tourenskiausrüstung, die aber doch ganz andere Qualitäten hat, wie eine alpine: Langlaufski mit Stahlkanten und dickere Lederschuhe. Aha.
Nach kurzem Kennen lernen, in dem ich mich auch gleich als Deutsche geoutet habe, und fika ging es auch schon los: Strategisches Packen war angesagt. Wir waren insgesamt 8 Leute, hatten zwei Pulkas und drei Zelte mit Küchen zur Verfügung. Ich war mit den beiden älteren Herrschaften in einem Zelt: Kristina aus Stockholm und Åke aus Halmstad, beides Pädagogen. Ui, was für interessante Gespräche...
Eva, unser Leitwolf, hatte uns nach unserer Erfahrung gefragt. Auf die Frage, ob ich Ski fahre, habe ich wahrheitsgemäß mit ja geantwortet, dass sie aber eher schwedische Tourenski meinte habe ich ignoriert. Und wie sich herausstellen sollte, was das auch gut so. Unsicher fühlte ich mich zwar, klassische Langlaufski waren noch nie meine besten Freunde und dann kam ja noch der Rucksack hinzu. Selbst ohne Essen (das war in den Pulkas) wog er mehr als 10 kg. Zum Glück geht man mit den Skiern mehr als das man fährt. Und als bei der ersten Möglichkeit nicht nur ich, sondern noch eine andere in den Schnee griff, war ich mir sicher, nicht fehl am Platz zu sein.
An diesem Nachmittag kamen wir nicht sehr weit, beim ersten Anstieg ging gleich ein Stock zu Schaden, also noch mal schnell zurück, neue holen. Dies war eine super Gelegenheit, mich ohne Rucksack mit dem Ski anzufreunden.
Der erste Zeltplatz war schnell gefunden. Aufgestellt war es schnell, aber wir gruben eine Menge: Schließlich erwarteten wir Sturm. Und wir wollten gemütlich sitzen. Die Essensversorgung war hervorragend: Mitten im Schnee Rentier mit Reis uns Sauce, der Kaffee danach durfte selbstverständlich nicht fehlen. Da man doch gut auskühlte, machten wir zum Aufwärmen noch eine kleine Tour ohne Gepäck um dann auch schon zeitig ins Bett zu fallen.
Morgens aufgewacht, warteten wir alle auf den Sturm, aber er kam nicht, stattdessen sagte die Sonne guten Tag. und das sollte sich auch nicht mehr ändern. Bis wir die Zelte abgebrochen hatten, dauerte es immer ziemlich lange, schließlich wollte ordentlich gepackt sein.
Wir zogen weiter, mit Karte und ohne Kompass querfeldein. Die Orientierung war so einfach, dass man den Kompass einfach nicht brauchte. Zugefrorene Flusstäler sind einfach wunderschön zu durchwandern. Mittag machten wir an Tjallingen. Da jeder mal die Pulka nehmen musste, war ich nun dran. Ungewohnt war das schon, anstrengender als ohne, sie hatte aber auch ein Gewicht...
Den zweiten Zeltplatz wählten wir unterhalb des Tjallingklumpen. Beim Abendessen in der Sonne genossen wir den Abend. Die abendliche Tour wollten wir jüngeren unbedingt zum Gipfel machen. Irgendwann gingen wir zu Fuß weiter. Da Nebel aufzog und es dunkel wurde, kehrten wir aber vor dem Gipfel um, der sich immer weiter nach hinten zog.
Morgens war von dem Nebel nichts mehr zu sehen, die Sonne strahlte und warm war es auch schon. Trotzdem hatte ich in der Nacht gefroren und das, obwohl ich zwei Schlafsäcke hatte und es bestimmt nicht kälter als -10°C war. Beim Fahren wurde es aber richtig warm. Ich wusste schon gar nicht mehr, was ich noch ausziehen sollte. Die Route führte uns nach Storforsen, von dem aber gar nichts zu sehen war. Hier sollten wir unser Biwak graben. Eigentlich hatte ich da ja keine sonderliche Lust drauf gehabt, aber während des Grabens entwickelten wir alle einen gewissen Ehrgeiz. Und so hatten wir nach ca. 4 h graben eine so gemütliche Schneehöhle, in der man auch locker eine ganze Wochen hätte wohnen können. Aber leider ging unsere Tour allmählich zu Ende: Nach dem unglaublich schönem Sonnenuntergang inmitten schneebedeckter Berge und einer unglaublich erholsamen Nacht im Schnee führte uns der Weg direkt zurück nach Storulvån.
Typisch Schwedisch gab es drei Mal am Tag warmes Essen: Zum Frühstück Haferschleim und Brot, Mittags Nudeln und Abends Fleisch. Wenn man eine Pulka dabei hat, geht das ja noch, selber würde ich allerdings nie so einen komplizierten Essensplan aufstellen.
Rückblickend muss ich sagen, dass es wohl eines meiner besten Wochenenden hier in Schweden war: Das Fjäll, der Schnee, die Ski, die Gruppe, alles passte zusammen. Wir hatten aber auch unglaublich Glück, denn wenn es kälter gewesen wäre oder der angekündigte Sturm gekommen wäre, dann hätte ich durchaus Probleme bekommen.
Fjällstation Storulvån
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