Donnerstag, 26. März 2009

Vom Winde verweht

Im Vorhinein hatten wir Angst, dass aus unserer Tour ins Berner Oberland nichts werden könnte. Wochenlang vorher war entweder schlechtes Wetter oder die Lawinenlage furchtbar ungünstig. Aber wir schienen unendliches Glück zu haben und kurz vor unserer Tour wurde strahlender Sonnenschein angesagt und eine Lawinenlage zwei, also fast perfekte Bedingungen.
Ursprünglich war der Plan gewesen, über die Lötschenlücke zur Hollandiahütte aufzusteigen, aber da die Hütte noch nicht aufhatte, entschieden wir uns schließlich doch für die Touristenvariante und nahmen die Bahn aufs Jungfraujoch.
Am Dienstagabend sammelten Hansi und Ansgar, Ansa und mich in Olten auf und gemeinsam fuhren wir mit dem Auto nach Interlaken, wo Hansi ein nettes Backpacker kannte. Um 6 Uhr 35 am nächsten Morgen nahmen wir dann die Bahn zum Jungfraujoch. Bei traumhaftem Wetter konnten wir schon bei der Hinfahrt ganz viel sehen. Beim Anziehen am Jungfraujoch kam dann der erste Schreck. Hansi hatte sein LVS Gerät in der Reisetasche gelassen. Das Bangen war groß, aber es gab einen netten Menschen vom Technischen Dienst der Jungfraubahn der Hansi sein privates LVS-Gerät auslieh. So stand unsere Tour endlich nichts mehr im Wege.
Am Stollenloch kam uns die erste Windböe dieser Tour entgegen, da wussten wir aber noch nicht, dass es gewiss nicht die einzige sein würde. Die Ski schnell angeschnallt, fuhren wir ein paar hundert Meter den Aletschgletscher hinab, um dann zum Louwihorn aufzusteigen. Der Aufstieg in der Sonne bis zum Louwitor war schön warm, dort fing es dann ordentlich an zu blasen. Aber weit war es nicht mehr von dort zum Gipfel. Bei der Abfahrt auf dem Kranzbergfirn hatten wir es dann auch wieder schön warm und konnten gemütlich über den windverpressten Schnee abfahren, bis hinab zum Konkordiaplatz. Den mussten wir dann noch einmal komplett überqueren und der ist wirklich flach, aber wir schafften es hinüber zur Treppe.
Genau, zur Treppe. Für jeden der noch nicht an der Konkordiahütte war: Durch den Gletscherschwund liegt die Hütte heute auf einer Felsstufe 130m über dem Gletscher. 433 Stufen trennen einen also noch, wenn man auf dem Gletscher steht von einem kuschelig warmen Bett.
Auf der Hütte angekommen, ging es Hansi leider nicht so gut und er zweifelte daran am Donnerstag fit genug für eine Tour zu sein. Da der Freitag aber mit schlechtem Wetter angesagt war, wollten wir unbedingt am nächsten Tag übers Ewigschneefeld zum Fieschersattel aufsteigen und die Fiescherhörner machen. Wir beschlossen es zu versuchen und hofften, dass es Hansi am nächsten morgen wieder gut gehen würde. So war es dann auch und wir machten uns, glücklich alle zusammen zu sein, auf den Weg.
Zunächst ging es am Gletscherbruch vorbei durch einen Bereich sich schnell bewegenden Eises (50cm/Tag laut Hüttenwirt). Also war ein bisschen Aufpassen angesagt, bevor wir auf die weite, flache Fläche des Ewigschneefelds kamen. Schließlich wurde es wieder etwas steiler und wir stiegen Richtung Nordosten zum Fieschersattel auf. Über uns zog jetzt eine hohe Bewölkung, aber nichts um sich ernsthaft Sorgen zu machen. Vor allem war dahinter wieder blauer Himmel zu sehen. Wir waren zwar relativ langsam unterwegs, Hansi und Ansa waren ein bissel fertig, aber waren uns sicher, den Gipfel zu erreichen.
Ungefähr 150m unterhalb des Sattels ging es dann mit Ski nicht mehr weiter und sie kamen auf den Rücken. Dankbarerweise, hatten schon jemand schöne Stapfspuren hier hinterlassen. So konnten wir einigermaßen entspannt hinauf gehen. Als wir schließlich alle im Sattel versammelt waren, machten wir uns auf in Richtung Gipfel des Hinter Fiescherhorns. Fünf Minuten später war außer einer weißen Wand leider nichts mehr zu sehen und wir wussten, wir mussten noch durch den Gletscherbruch des Fiescherfirns. Nach ein wenig hin und her drehten wir ungefähr 20hm unterhalb des Gipfels herum und versuchten nach Kompass abzufahren. Wir hatten ziemlich Glück, vorauf wir gehofft hatten und kamen bald darauf wieder aus dem Nebel heraus, die Sicht blieb trotzdem schlecht und die Wolken schienen immer tiefer zu kommen. Wir seilten an, um durch den Bruch zu kommen, zunächst an der rechten Seite, wechselten dann herüber auf die linke, wobei wir ein paar Spalten überqueren mussten, konnten dann aber einigermaßen gut herab kommen. Zum Schluss mussten wir noch eine Eislawine queren, die vom Gletscher der Flanken des Alten Strahlegg stammte. Ich hatte mich als Seilerste so konzentriert, dass mir gar nicht aufgefallen war, dass die Wolken viel tiefer gekommen waren und so standen wir nun wieder in dichtem Nebel.
Aber das meiste hatten wir ja nun hinter uns und mussten uns nur noch das flache Stück zur Finsteraarhornhütte hinab schieben. Zum Schluss muss man natürlich auch hier wieder zur Hütte aufsteigen. Inzwischen kam noch ein ziemlich hässlicher Wind dazu und es wurde ungemütlich kalt. Ich beeilte mich hinauf zu kommen, Ansgar wartete noch auf Hansi, in dessen Bart sich große Eisstücke gebildet hatten, und Ansa. Alle waren wir mächtig froh, als wir in der Hütte ankamen.
Da für Freitag starke Böen angesagt waren und somit das Finsteraarhorn sowieso raus viel, Ansa und Hansi den langen Tag auch spürten, beschlossen wir einen Ruhetag einzulegen und einfach nur von der Finsteraarhornhütte über die Grünhornlücke zur Konkordiahütte zurück zu gehen. So könnten wir am nächsten Tag auf die Äbeni Fluh gehen und unsere geliebte Treppe wieder sehen. Den Ansgar wurmte es wohl doch sehr, dass wir am Tag zuvor nicht auf den Gipfel gekommen waren und so machte er den Vorschlag, statt der Äbeni Fluh am nächsten Tag doch noch mal einen Versuch zu starten die Gipfel der Fiescherhörner zu erreichen.
Der Hüttenwirt bestätigte uns, dass die Wetterbedingungen wunderbar sein würden. Hansi wollte zwar nicht mit, schickt uns aber los und nachdem er sich in Ansgars Daunenjacke verliebt hatte, hoffte er auf einen schönen Tag auf der Sonnenterasse.
So starteten Ansa, Ansgar und ich am nächsten Morgen zu unseren zweiten Versuch auf die Fiescherhörner zu kommen. Es blies ein ganz kräftiger Wind und in Böen kamen immer wieder weiße Wände auf uns zu. Am Grat der Fiescherhörner war die ganze Zeit eine ordentliche Windfahne zu sehen. Aber Ansgar glaubte fest an den Wetterbericht und versicherte uns immer wieder: „Schaut nur, am Aletschhorn weht es gar nicht, wenn die Sonne rauskommt hört es bestimmt auf.“ Das hat er uns dann auch noch erzählt bis er den Kopf zum Sattel rausstreckte. Leider waren die Spuren vom letzten Mal völlig zu geweht und Ansgar durfte ein wenig spuren. Während des Aufstiegs rieselten durch den Wind immer wieder Schneeflüsse zu uns herunter und begruben die frisch gestapften Spuren gleich wieder. Das war aber alles noch ganz gemütlich, bis wir im Sattel waren und die Sturmböen
ungebremst auf uns zukamen. Später auf der Hütte erzählte uns der Hüttenwirt, dass sie dort unten Böen von 130km/h gemessen hatten. Wir waren aber noch mal 1300m höher in einem Sattel der wie ein Ventil wirkte. Wir schauten also, dass wir dort möglichst schnell wegkamen, aber selbst so blieb einem manchmal nichts übrig als rumdrehen und warten das der schlimmste Teil der Böe vorbei ging. Da wir bei dem Wind keine sonderlich große Lust verspürten den Grat zum Groß Fiescherhorn zu gehen, machten wir uns stattdessen auf zum Hinter Fiescherhorn. Das änderte nichts daran, dass es furchtbar kalt war und wir schauten, dass wir Ansas Wange ganz schnell zugedeckt bekamen als sie richtig weiß wurde. Aber wir schafften es zum Gipfel und der einzige Wunsch der blieb, war so schnell wie möglich irgendwohin zu kommen wo es schön warm und windstill war. Also verzichteten wir aufs Groß Fiescherhorn, man kann ja mal wieder kommen und machten uns an die Abfahrt von vor zwei Tagen, diesmal mit Sicht, aber alles andere als wärmer. Da wir zu Hansi, der Treppe und der Konkordiahütte zurück mussten, stiegen wir wiederum zur Grünhornlücke auf, nahmen die schön zu fahrende Abfahrt zurück zum Konkordiaplatz und quälten uns zum Schluss die 433 Stufen hinauf. Eine wirklich wunderschöne, abwechslungsreiche Skitour, die es sich bestimmt irgendwann lohnt noch ein drittes mal zu gehen, um aufs Groß Fiescherhorn zu kommen, dann aber bitte ohne Wind!
Nach einer letzten gemütlichen Nacht in der Hütte, machten wir uns dann am nächsten morgen gemeinsam auf in die Lötschenlücke. Und wir liefen, und wir liefen und wir liefen… und die Lücke kam nur ganz, ganz langsam näher. Dankbarerweis sind auch Dinge die nur ganz langsam näher kommen, irgendwann doch da. In der Lücke, man kann es sich fast denken, pfiff mal wieder ein kräftiger Wind, also schnell runter mit den Fellen und ab ging es über die pistenähnlichen Hänge, ein letztes mal mit diesem traumhaften Panorama was wir nun fünf Tage lang hatten bewundern dürfen.
Zurück in der Zivilisation, stinkend und schmutzig und nachdem wir uns noch kräftig den Bauch mit Pizza voll geschlagen hatten, ging es dann zurück für Ansa nach München, Hansi und Ansgar nach Karlsruhe und mich nach Zürich. Eine wunderschöne Tour bei der wir, auch wenn vom Winde doch sehr verweht unglaublich Glück hatten, was das Wetter anging. Motivation zum studieren gibt so eine Tour bestimmt nicht. Aber es gibt ja noch viele Ziele, die wir im Berner Oberland verwirklichen können!

Montag, 23. März 2009

Nach langer Zeit

Lang, lang ist es her. Das lag aber gewiss nicht immer an uns, sondern auch an dem Wetter und der Lawinenlage, die uns zum Wochenende nie wirklich wohl gestimmt waren. Dieses Wochenende wollten wir aber auf alle Fälle noch einmal was gehen, damit wir vor Mittwoch, wenn es ins Berner Oberland geht, nicht ganz eingerostet sind. Also wollten Ansgar, Ansa und ich auf den Piz Kesch. Netterweise schloss sich Erik uns noch kurzfristig an und so kamen Ansgar und Erik am Freitagabend zu mir, um die Vorzüge eines Starts aus Zürich zu genießen. Ansa trafen wir dann direkt am Samstagmorgen in Bergün bei strahlendem Sonnenschein.
Da natürlich noch jede Menge Schnee liegt, konnten wir nicht mit dem Postauto nach Chants fahren, sondern mussten die acht Kilometer eben laufen. Dabei wurde es mit jedem Schritt ein bisschen wärmer und unsere Klamottenschichten mit jedem Schritt ein bisschen weniger. Nachdem wir es bis Chants geschafft hatten, stiegen wir zunächst durch schönen schattigen Wald hinauf. Langsam kamen wir höher und da dort aber noch kein Wind wehte, die Bäume aber schnell weniger wurden, wurde es auch wieder unglaublich heiß. Irgendwann kam dann aber ein leichter Wind auf und wir schafften die letzten Höhenmeter zur Hütte. Eine wunderschöne Hütte mit geräumigen Lagern und furchtbar viel Rivella!
Langsam zogen Wolken auf und als wir am nächsten morgen aufwachten, war vom Gipfel nicht mehr viel zu sehen. Aber wir sahen das ganz positiv und glaubten noch fest daran, es könnte sich ändern. Also stapften wir fröhlich weiter und es wurde diesmal leider nicht wärmer, ganz im Gegenteil. Der Wind schien immer mehr zu werden, die Wolken zogen immer weiter rein und es begann zu schneien. Aber wir stapften mutig weiter den Gletscher hinauf bis wir zum Skidepot kamen. Am Wetter hatte sich leider nichts geändert. Also ließen wir unsere Ski stehen und gingen das Schneefeld weiter hinauf. Ansa ging es nicht mehr so gut, aber sie quälte sich noch ein Stück weiter. Schließlich blieb Erik bei ihr und Ansgar und ich stiegen zum Gipfel, also der Punkt wo im Schnee eine Stange steckte. Vor uns weiß, hinter uns weiß, neben und weiß, aber wir waren oben.
Indem Moment als wir mit Ansa und Erik zusammen wieder am Skidepot waren riss es natürlich auf. Also boten wir Erik an, auf ihn zu warten die Sonne zu genießen, so dass er auch noch auf den Gipfel konnte. Natürlich war es nicht sooo sonnig und der Wind pfiff weiter ordentlich, so dass wir froh waren als Erik zurück war und wir abfahren konnten.
Das erste Stück über den richtig weggeblasenen Schnee war richtig gut zu fahren, danach kam ein flacheres Stück mit windverpresstem Schnee, bevor es durchs Tal zurück nach Chants ging. Erik folgte ein paar Spuren am Bach entlang und so umgingen wir ein großes Stück des Waldes. Nur das Stück von Chants zurück zum Auto war etwas nervig. Es war nämlich weite Stücke so flach, dass bei dem Sulz der sich unter unseren Ski festsaugte außer schieben nicht mehr viel lief.
Trotzdem eine sehr schöne Skihochtour, mit jeder Menge Hänge rechts und links, die sehr interessant aussahen, aber leider auf Grund der hohen Lawinenlage nicht befahren werden konnten.